Der Netzentwicklungsplan Strom (NEP) beschreibt alle nötigen Netzausbaumaßnahmen, um den künftigen Transportbedarf im Höchstspannungsnetz zu bewältigen. Die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) erstellen als Grundlage für den NEP den sogenannten Szenariorahmen. Der Transportbedarf im Netz wird im NEP für einen festgelegten Zeitraum mit verschiedenen möglichen Entwicklungspfaden – Szenarien – betrachtet. Die identifizierten Netzausbaumaßnahmen werden als Projekte im Netzentwicklungsplan abgebildet. Dabei kann ein Projekt nicht nur eine, sondern mehrere zusammengehörige Maßnahmen umfassen. Zu den Netzausbaumaßnahmen gehören nicht nur Leitungsmaßnahmen in AC- und DC-Technik, sondern auch Anlagen wie Transformatoren oder Anlagen zur Blindleistungskompensation.
Start- oder Zubaunetz?
Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal bei Projekten ist deren Zuordnung zum Start- oder Zubaunetz. Das Startnetz enthält neben dem bestehenden Netz auch in der Umsetzung befindliche Maßnahmen, die als verbindlich anzusehen sind. Ihre energiewirtschaftliche Notwendigkeit wurde zum Teil bereits von den zuständigen Genehmigungsbehörden oder vom Gesetzgeber bestätigt. Andere Maßnahmen leiten sich aus gesetzlichen Verpflichtungen ab oder ergeben sich aufgrund größerer Infrastrukturprojekte (Autobahn- und Flughafenausbau o. ä.). Im Gegensatz dazu enthält das Zubaunetz Projekte, die darüber hinaus für ein bedarfsgerechtes Netz ermittelt wurden. Grundlage für diese Projekte des Zubaunetzes sind die drei unterschiedlichen Entwicklungspfade aus dem Szenariorahmen (Szenario A, B und C).
Vertiefende Infos
Die dargestellten Netzausbaumaßnahmen sind das Ergebnis komplexer Rechenprozesse die aufeinander aufbauen und verschiedene Rahmenbedingungen berücksichtigen. Der Weg vom Szenariorahmen bis zur ausgewiesenen Netzausbaumaßnahme ist hier ausführlich erklärt.
Diesen Szenarien liegen beispielsweise unterschiedliche Annahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien oder zum zukünftigen Stromverbrauch zugrunde. Die Übertragungsnetzbetreiber entwickeln deshalb für jedes dieser Szenarien ein spezifisches Maßnahmenset für die Optimierung, Verstärkung oder den Ausbau der entsprechenden Stromleitung. Deshalb werden im NEP mitunter auch Netzausbaumaßnahmen ausgewiesen, die nicht für alle Szenarien notwendig sind. Projekte werden in Form von Steckbriefen im Anhang zum Netzentwicklungsplan dokumentiert. Eine ausführliche Einführung in die Steckbriefe sowie alle Projekte des aktuellen NEP finden Sie hier: Projekte
Wann wird eine im NEP identifizierte Leitung gebaut?
Bis eine im NEP identifizierte Ausbaumaßnahme realisiert wird, durchläuft sie ihren gesetzlich festgelegten Weg durch verschiedene Planungs- und Genehmigungsverfahren. Deshalb gibt es im NEP Maßnahmen, die in ihrer Realisierung unterschiedlich weit fortgeschritten sind. Zur besseren Orientierung wird im NEP in der Regel für jede einzelne Maßnahme der Umsetzungsstand angegeben. Unterschieden wird dabei von „noch keine Aktivität“ bis hin zu „realisiert“.
Der Umsetzungsstand gibt auch einen Hinweis darauf, welche öffentlichen Beteiligungsmöglichkeiten es für Bürger:innen, Vereine und Interessengruppen bei einem konkreten Projekt noch gibt. Diese Beteiligungsverfahren liegen in der Verantwortung der zuständigen Behörde oder des zuständigen ÜNB.
Umsetzungsstände der Ausbaumaßnahmen
1: Vorbereitung Planungs- und Genehmigungsverfahren
Der für die Maßnahme oder das Vorhaben zuständige Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) erstellt die Antragsunterlagen für die Bundesfachplanung oder das Raumordnungsverfahren. Darin zeigt der ÜNB u. a. erkennbare Auswirkungen auf Mensch und Umwelt auf.
2: Im Raumordnungsverfahren / Bundesfachplanung
Der ÜNB hat den Antrag bei der zuständigen Behörde eingereicht. Ziel eines Raumordnungsverfahrens oder der Bundesfachplanung ist es, den ungefähren Verlauf eines Trassenkorridors zu finden. An diesem Prozess werden verschiedene Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit beteiligt.
3: Vor oder im Planfeststellungsverfahren / Genehmigung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
Für das Planfeststellungsverfahren arbeitet der ÜNB einen weiteren Antrag aus. Dieser Antrag enthält detaillierte Beschreibungen des Vorhabens. Dazu zählen die eingesetzte Technik und der exakte Verlauf der Leitung einschließlich der konkreten Maststandorte oder Erdkabelabschnitte. Umweltauswirkungen werden in diesem Antrag ebenfalls erläutert. Bei diesem Verfahren kann sich jedermann zu den öffentlich ausgelegten Unterlagen des Vorhabens äußern. Ziel ist es, im Prozess möglichst alle Interessen und Schutzgüter zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen.
4: Genehmigt oder in Bau
Die Genehmigung für den Bau einer Leitung erfolgt am Ende aller Planungs- und Genehmigungsverfahren durch den Planfeststellungsbeschluss der zuständigen Behörde. Dieser Beschluss entspricht einer Baugenehmigung und legt genau fest, wie und wo die Leitung gebaut werden darf.
5: Realisiert
Das Vorhaben wurde vom Übertragungsnetzbetreiber fertiggestellt und ist in Betrieb.