Nachdem das Start-Offshorenetz feststeht und auch der Szenariorahmen dahingehend aufbereitet wurde, dass die in den einzelnen Szenarien angenommene installierte Erzeugungsleistung aus Offshore-Windenergie konkreten Gebieten in der Nord- und Ostsee zugeordnet wurde, kann nunmehr auf dieser Grundlage eine Beschreibung des erforderlichen Ausbaubedarfs des Offshorenetzes erfolgen. Der Umfang der einzelnen Maßnahmen bzw. die Größe der einzelnen Schritte zur Umsetzung des Ausbaubedarfs des Offshorenetzes richtet sich nach den technischen Konzepten und Planungsgrundsätzen (siehe Kapitel 5 zweiter Entwurf O-NEP 2013), die der jeweils anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber verfolgt. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist, ob die Übertragung in AC- oder DC-Technologie erfolgt. Daraus ergeben sich jeweils andere Maßnahmenumfänge und Umsetzungsschritte. Daher werden im Folgenden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und die entsprechend eingesetzten Technologien in Nord- und Ostsee erläutert.
Nordsee
In der Nordsee werden die Netzanbindungssysteme in aller Regel mit DC-Technologie ausgeführt. Dies ist auf die größere Erzeugungsleistung der Offshore-Windenergie (siehe Kapitel 3 zweiter Entwurf O-NEP 2013), die höhere Anzahl an konkreten Offshore-Windpark-Projekten und den zumeist auch größeren Entfernungen, über die die Leistung zum technisch und wirtschaftlich günstigsten Netzverknüpfungspunkt an Land transportiert werden muss, zurückzuführen.
Ein DC-Netzanbindungssystem erlaubt es, große Energiemengen verlustarm über weite Entfernungen zu transportieren. Hierzu wird der in den Offshore-Windparks (OWP) erzeugte Strom zunächst auf den Umspannplattformen der OWP gesammelt und dort auf eine Spannungsebene von 155 kV AC hoch transformiert. Von den Umspannplattformen der OWP wird die erzeugte Windenergie dann seitens des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers „abgeholt“. Dazu werden AC-Anschlüsse (155 kV) installiert, durch die der Strom von den Umspannplatt-formen mehrerer OWP zunächst auf eine eigene Offshore-Plattform des Übertragungsnetzbetreibers geleitet wird. Auf dieser sogenannten Konverterplattform wird dann der Strom von AC auf DC umgerichtet. Anschließend wird der Strom durch eine HGÜ-Verbindung von der Konverterplattform zum technisch und wirtschaftlich optimalen Netzverknüpfungspunkt an Land transportiert. Dort erfolgt wiederum in einer Konverterstation die erneute Umrichtung des Stroms von DC auf AC, bevor er in das 380/220-kV-Übertragungsnetz eingespeist wird. Die technisch und wirtschaftlich effizienteste Standard-Übertragungsleistung eines solchen DC-Netzanbindungssystems liegt bei 900 MW („Stand der Technik“). Dementsprechend führt jede Offshore-Netzausbaumaßnahme, die in der Nordsee mit DC-Technologie umgesetzt wird, zu einer Übertragungskapazität von 900 MW zwischen dem jeweiligen Cluster und dem Netzverknüpfungspunkt an Land. Der Offshore-Netzausbau zum Transport der Offshore-Windenergie wird also in einzelnen Schritten mit einer jeweiligen Übertragungsleistung von 900 MW realisiert.
Ostsee
Die absolute Erzeugungsleistung der Offshore-Windenergie in der Ostsee ist aufgrund der kleineren räumlichen Ausdehnung und der damit verbundenen kleineren verfügbaren Flächen geringer als in der Nordsee. Dementsprechend ist auch die Anzahl der konkreten OWP-Projekte und damit der potenziellen Netzanschlussnehmer kleiner. Zugleich sind die Entfernungen zwischen den Erzeugungsgebieten der Offshore-Windenergie und den technisch und wirtschaftlich optimalen Netzverknüpfungspunkten an Land geringer als in der Nordsee. Es wird also eine geringere Leistung aus weniger OWP über kürzere Entfernungen übertragen. Daher wird für den Transport der Offshore-Windenergie an Land seitens des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers bis dato der Einsatz von AC-Technologie als technisch und wirtschaftlich effizientestes Übertragungskonzept vorgesehen. Insbesondere bietet die AC-Technologie durch kleinere Einheitengrößen in der Übertragungsleistung die Möglichkeit, den Offshore-Netzausbau genau auf die Entwicklung des Bedarfs – also die Entwicklung der abzuführenden Offshore-Windenergie – anzupassen.
Wie in der Nordsee wird zunächst der in den OWP erzeugte Strom auf den Umspannplattformen der OWP gesammelt und hochtransformiert. Von dort wird die erzeugte Offshore-Windenergie seitens des Übertragungsnetzbetreibers „abgeholt“ und direkt als AC-Strom zum technisch und wirtschaftlich optimalen Netzverknüpfungspunkt an Land transportiert. Dazu werden AC-Netzanbindungssysteme zwischen der Umspannplattform des OWP und dem technisch und wirtschaftlich optimalen Netzverknüpfungspunkt an Land installiert (siehe Kapitel 5 zweiter Entwurf O-NEP 2013). Dort wiederum wird die Offshore-Windenergie in das 380/220-kV-Übertragungsnetz eingespeist. Bei dieser Übertragungstechnologie erfolgt somit keine Umrichtung des Stroms auf See von AC auf DC bzw. an Land von DC auf AC, sodass sie ohne Konverterplattformen bzw. Konverterstationen auskommt. Die technisch und wirtschaftlich effizienteste Standard-Übertragungsleistung eines solchen AC-Netzanbindungssystems liegt bei Einsatz einer Spannung von 220 kV bei 250 MW („Stand der Technik“). Dementsprechend führt jede Offshore-Netzausbaumaßnahme, die in der Ostsee mit AC-Technologie umgesetzt wird, zu einer Übertragungskapazität von 250 MW zwischen dem jeweiligen Cluster und dem Netzverknüpfungspunkt an Land. Der Offshore-Netzausbau zum Transport der Offshore-Windenergie wird damit in einzelnen Schritten mit einer jeweiligen Übertragungsleistung von 250 MW realisiert. Hierdurch kann das Offshorenetz in der Ostsee bedarfsgerecht und flexibel entsprechend der realen Entwicklung der OWP ausgebaut werden. Sogenannte „Stranded Investments”, also Investitionen in vollständig oder teilweise ungenutzte Netzanbindungssysteme, werden damit vermieden.